Rede zum Medizinprodukte-EU-Anpassungsgesetz: Bundesregierung muss für reibungslose Umsetzung der EU-Verordnung ohne Versorgungsengpässe sorgen!

Kordula Schulz-Asche (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Patientinnen und Patienten haben das Recht auf transparente, sichere und verlässliche Versorgung mit Medizinprodukten, gerade in Zeiten, wo wir wissen, dass deren Bedeutung weiter zunehmen wird. Dass dies nicht unbedingt eine Selbstverständlichkeit war, haben wir in den letzten Jahren bei den Verhandlungen über die Verordnung auf EU-Ebene gesehen, die heute in deutsches Recht umgesetzt wird.

Ein widerlicher Skandal mit Brustimplantaten war der Auslöser. Dann folgte fünf Jahre lang eine Diskussion, ein Prozess des Lobbyismus auf EU-Ebene nicht gerade der feinsten Art, übrigens auch unter Beteiligung von Parlamentariern aus Deutschland, die versucht haben, auf diesen Prozess Einfluss zu nehmen. Wir können froh sein, dass der Patientenschutz in diesem Prozess nicht völlig unter die Räder gekommen ist. Deswegen möchte ich an dieser Stelle allen aufrechten Parlamentariern im EU-Parlament danken, die sich über Jahre für den Patientenschutz eingesetzt haben.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Wir begrüßen ausdrücklich die im vorliegenden Gesetzentwurf vorgesehene Kompetenzerweiterung des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte; denn die Zentralisierung der Risikobewertungen solcher Produkte fordern wir seit Langem. Das ist ein zentraler Punkt, um die Patientensicherheit zu fördern.

Aus unserer Sicht bräuchte man gerade im Hinblick auf den Patientenschutz eine verpflichtende Haftpflichtversicherung für Medizinproduktehersteller. Wir haben gesehen, was beim Brustimplantateskandal passiert ist. Die Frauen, denen die Implantate eingesetzt worden waren, waren die Opfer; sie wurden aber nicht entschädigt. Hier brauchen wir wirklich eine Haftpflicht der Medizinproduktehersteller; aber dies hat die Bundesregierung auf EU-Ebene aktiv verhindert. Das ist wirklich ein Problem. So besteht weiter die Gefahr, dass geschädigte Patientinnen und Patienten mit den Folgen von Skandalen oder Fehlern bei Medizinprodukten leben müssen. Hier bleibt viel zu tun.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

So richtig krankt es aktuell an anderer Stelle, nämlich bei der Zertifizierung von Medizinprodukten. Derzeit entsprechen europaweit weniger als 10 benannte Stellen den gestiegenen Anforderungen, die durch das neue EU-Recht entstehen. Bis Ende März 2020 sollen 20 Stellen zertifiziert sein. Das wird kaum gelingen, auch wenn jetzt bei einigen Medizinprodukte – es wurde bereits erwähnt – eine Fristverlängerung vereinbart wurde. Wir befürchten, dass es zu Versorgungsengpässen in diesem Bereich kommt. Das darf nicht sein.

Nach fünf Jahren Verhandlungen in der EU bleiben bis zum Inkrafttreten dieses Gesetzes tatsächlich nur fünf Monate, um die Zertifizierungen durchzuführen. Meine Damen und Herren von der Bundesregierung, drücken Sie auf die Tube für gute Qualität, und bessern Sie nach für guten Patientenschutz bei Medizinprodukten.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sehen Sie hier meine Rede im Mitschnitt des Parlamentsfernsehens: