Entwurf eines Gesetzes zur Entlassung der Pille danach aus der Verschreibungspflicht

Zur Drucksache 18/3834

Gesetzentwurf der Abgeordneten Kordula Schulz-Asche, Ulle Schauws, Elisabeth Scharfenberg, Maria Klein-Schmeink, Dr. Harald Terpe, Dr. Franziska Brantner, Katja Dörner, Kai Gehring, Tabea Rößner, Doris Wagner, Beate Walter-Rosenheimer, Luise Amtsberg, Kerstin Andreae, Harald Ebner, Dr. Thomas Gambke, Dieter Janecek, Markus Kurth, Steffi Lemke, Dr. Tobias Lindner, Nicole Maisch, Irene Mihalic, Beate Müller-Gemmeke, Brigitte Pothmer, Claudia Roth (Augsburg), Corinna Rüffer, Dr. Julia Verlinden und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Entwurf eines Gesetzes zur Entlassung der Pille danach aus der Verschreibungspflicht und zur Ermöglichung der kostenlosen Abgabe an junge Frauen (Änderung der Arzneimittelverschreibungsverordnung und des Fünften Buches Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Krankenversicherung)

Obwohl der beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) angesiedelte Sachverständigenausschuss für Verschreibungspflicht (§ 53 Absatz 2 Arzneimittelgesetz) bereits im Jahre 2003 empfahl, die so genannte „Pille danach“ mit dem Wirkstoff Levonorgestrel aus der Verschreibungspflicht zu entlassen, hat der Gesundheitsminister noch im vergangenen Jahr diesen Schritt verweigert. Im Gesundheitsausschuss des Deutschen Bundestages wurde die abschließende Beratung von Anträgen, die die Freigabe forderten, mit dem Verweis auf internen Klärungsbedarf zwischen den Regierungsfraktionen immer wieder verzögert. Inzwischen hat die EU-Kommission entschieden, die „Pille danach“ mit dem Wirkstoff Ulipristalcetat aus der Verschreibungspflicht zu entlassen. Der Bundesgesundheitsminister hat daraufhin angekündigt, dies schnellstmöglich in nationales Recht umzusetzen und – wie von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN (BTDrucksache 18/492) und anderen schon seit vielen Jahren gefordert – nun endlich auch den national zugelassenen Wirkstoff Levonorgestrel verschreibungsfrei zu stellen. Allerdings ist aufgrund der bisherigen nicht fachlich begründeten Verzö- gerungen zu Lasten des Selbstbestimmungsrechts von Frauen in Deutschland das Vertrauen in das Regierungshandeln gering. Viele Fragen sind zudem trotz der Dauer des Verfahrens noch ungeklärt, zum Beispiel, wie die qualifizierte Beratung von Frauen in der Apotheke zu erfolgen hat.

Dieser Gesetzentwurf enthält neben der Entlassung beider bisher zur Verfügung stehenden Wirkstoffe der „Pille danach“ aus der Verschreibungspflicht eine Regelung, die jungen Frauen die Wahlmöglichkeit bietet, diese Notfallverhütungsmittel entweder weiterhin nach einer ärztlichen Verordnung kostenlos oder gegen eine vergleichsweise geringe Zuzahlung zu erhalten oder aber sie als Selbstzahlerinnen ohne Verschreibung direkt in der Apotheke zu erwerben.

Laut § 24a SGB V haben Versicherte Anspruch auf eine ärztliche Beratung zur Empfängnisverhütung, ärztliche Untersuchungen sowie die Verordnung von empfängnisregelnden Mitteln. Darunter fallen auch verschreibungspflichtige Notfallkontrazeptiva. Für Versicherte bis zum vollendeten 20. Lebensjahr werden die Kosten von ärztlich verordneten empfängnisverhütenden Mitteln von der Krankenkasse übernommen. Nach § 31 Abs. 2 und 3 SGB V fällt für diejenigen, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, eine Zuzahlung an. Durch den generellen Ausschluss von nicht verschreibungspflichtigen Arzneimitteln (§ 34 Abs. 1 Satz 1 SGB V) gilt diese Regelung nur in Ausnahmefällen für solche Arzneimittel. Somit würde bei einer ausschließlichen Änderung der Arzneimittelverschreibungsverordnung, für die das Bundesgesundheitsministerium inzwischen einen ersten Entwurf vorgelegt hat, die Erstattung durch die Krankenkasse für junge Frauen bis zum vollendeten 20. Lebensjahr entfallen.

 

Selbstbestimmung und der gesicherte Zugang zur Familienplanung sind wesentliche Bereiche der sexuellen und reproduktiven Rechte. Dazu gehört auch der niedrigschwellige Zugang zum Notfallverhütungsmittel „Pille danach“. Dies ermöglicht der vorliegende Gesetzentwurf.

Um jungen Frauen eine Wahl zwischen der direkten, von ihnen selbst zu finanzierenden Notfallverhütung und einer kostenlosen/günstigen Notfallverhütung mit ärztlicher Verschreibung zu ermöglichen, soll § 34 SGB V geändert werden. Diese Regelung verhindert auch, dass beim Markteintritt eines neuen verschreibungspflichtigen Wirkstoffes ein indirekter finanzieller Anreiz entsteht, jungen Frauen bei einer ärztlichen Verschreibung die verschreibungspflichtige statt der nicht verschreibungspflichtigen „Pille danach“ zu verordnen. Erst durch eine Gleichstellung verschreibungs- und nicht verschreibungspflichtiger Notfallkontrazeptiva bei der Erstattung durch die gesetzlichen Krankenversicherungen wird eine Verordnung nach ausschließlich medizinischen Gründen sichergestellt.

Es wird eine Regelung analog der sogenannten OTC-Regelung (§ 34 Abs. 1 Satz 2 SGB V) vorgelegt. Damit gilt die vorgesehene Übernahme der Kosten für ausgewählte nichtverschreibungspflichtige Arzneimittel durch die Krankenversicherung auch für Notfallkontrazeptiva, die als Therapiestandard gelten.

Um Frauen, die befürchten nach einem Geschlechtsverkehr ungewollt schwanger werden zu können, eine informierte Entscheidung für oder gegen die „Pille danach“ zu ermöglichen, sind im Internet und für die Beratung in der Apotheke Entscheidungshilfen zur Verfügung zu stellen.