Umsetzung der Deutschen Antibiotika-Resistenzstrategie (DART 2020) – Eine Herausforderung für die Human- und Veterinärmedizin

>>> Zur Kleinen Anfrage (Drucksache 18/8712)

 


 

Die weltweite Zunahme von Antibiotikaresistenzen gehört nach Einschätzung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zu den größten Gefahren für die menschliche Gesundheit und hat dramatische Konsequenzen für die Behandlung von Infektionskrankheiten. Dies zeugt vor allem aus einem zu hohen und oft unsachgemäßen Antibiotikaverbrauch in der Human- und Veterinärmedizin. Außerdem hat ein weiterer Faktor die Lage um Antibiotikaresistenzen verschärft: Bei der Antibiotikaforschung handelt es sich um ein klassisches Marktversagen. Die Neuentwicklungen von Antibiotika haben seit den 1970er Jahren stark abgenommen. Die offensichtliche Diskrepanz zwischen der Zunahme von Infektionen durch mehrfach resistente Bakterien einerseits und dem Rückgang der Entwicklung neuer Antibiotika andererseits könnte zur postantibiotischen Ära führen. Das Problem lässt sich nur lösen oder zumindest verringern, wenn Wissenschaft, Politik, Gesellschaft und Wirtschaft national und international miteinander agieren und vielfältige, aufeinander abgestimmte Ansätze verfolgen. Die Bundesregierung begegnet der steigenden Gefahr von Antibiotikaresistenzen mit dem Ansatz der One-Health-Strategie in der überarbeiteten DART 2020 „Antibiotikaresistenzen bekämpfen zum Wohl von Mensch und Tier“, die im Mai 2015 veröffentlicht wurde (vgl. www.bmg.bund.de/fileadmin/dateien/Publikationen/Ministerium/Broschueren/BMG_DART_2020_Bericht_dt.pdf). Bedauerlicherweise fehlen der Strategie die finanzielle Untersetzung, eine feste Zeitschiene sowie die Kontrolle und Evaluation der angekündigten Maßnahmen, sodass der Erfolg dieser Strategie bezweifelt wird.

Die DART 2020 ist in sechs Kapitel untergliedert, neben einer Bestandsaufnahme werden verschiedene, kleinteilige Maßnahmen zur Eindämmung der Resistenzentwicklung sowohl für den Human- als auch für den Veterinärbereich formuliert. Dennoch decken die dort vorgeschlagenen Maßnahmen noch lange nicht alles ab, was notwendig gewesen wäre. Damit eine gemeinsame und möglichst breite Strategie gegen Antibiotikaresistenzen entwickelt werden kann, müssen im Humanbereich beispielsweise auch andere Berufsgruppen und Gesundheitseinrichtungen aktiv miteinbezogen werden, vor allem Pflegeeinrichtungen, Apotheken, Rettungsdienste oder Zahnarztpraxen. Doch das versäumt die Bundesregierung. Zudem verschenkt sie die Chance, durch die Erprobung bzw. Etablierung von Personalbemessungsverfahren zumindest für Stationen mit erhöhtem Risiko wie Intensivstationen, Frühchenabteilungen oder Gefäß- bzw. Herzchirurgie den Hygienestandard tatsächlich auszubauen. Allein schon damit könnte die Ausbreitung von resistenten Keimen deutlich reduziert werden. Auch in Bezug auf die Veterinärmedizin bleibt der wichtigste Aspekt zur Vermeidung von Resistenzbildung unerwähnt: Oberstes Ziel innerhalb einer solchen Strategie sollte es sein, durch eine maximale Tiergesundheit Erkrankungen und damit den Antibiotikaeinsatz zu vermeiden. Eine artgerechte Tierhaltung mit niedrigen Besatzdichten, angemessenem Leistungsniveau, mit mehr Auslauf, Platz, Licht, Beschäftigung sowie intensiver Bestandsbetreuung fördert bekanntlich eine hohe Tiergesundheit. Die DART 2020 weist einerseits in manchen Bereichen Lücken auf, anderseits fehlt bei vielen Maßnahmen die Verbindlichkeit zur Umsetzung.