Subsidiaritätsrüge zum Entwurf einer Verordnung zur Vereinheitlichung der Nutzenbewertung von Arzneimitteln und Medizinprodukten auf europäischer Ebene

>>> Aus dem Plenarprotokoll 19/38

 

Wie geht die Bundesregierung mit der Kritik in der vom Deutschen Bundestag ausgesprochenen Subsidiaritätsrüge (Bundestagsdrucksache 19/1296) zu dem von der Europäischen Kommission vorgelegten Entwurf einer Verordnung zur Vereinheitlichung der Nutzenbewertung von Arzneimitteln und Medizinprodukten auf europäischer Ebene um, welche verschiedene Elemente, wie etwa die Rechtsgrundlage und die verpflichtende Übernahme der europäischen Nutzenbewertung kritisiert, und wie wird sie diese Kritik auf europäischer Ebene in den anstehenden Ratsverhandlungen und gegenüber der Kommission einbringen?

 

Diese mündliche Frage von Kordula Schulz-Asche für die Fragestunde am 13. Juni 2018 wurde vom Parlamentarischen Staatssekretär Dr. Thomas Gebhart schriftlich wie folgt beantwortet:

Mit dem Verordnungsentwurf über die Bewertung von Gesundheitstechnologien strebt die Europäische Kommission eine vollständige Harmonisierung von klinischen Bewertungen – also Nutzenbewertungen – auf europäischer Ebene an. Betroffen sind neue Arzneimittel und bestimmte Medizinprodukte. Die klinischen Bewertungen sollen als Grundlage für nationale Entscheidungen über Preisbildung und Erstattung der Gesundheits­technologien verpflichtend übernommen werden. Die Mitgliedstaaten sollen keine eigenen klinischen Bewertungen durchführen dürfen, wenn eine europäische Bewertung durchgeführt wird bzw. wurde.

Insbesondere aufgrund dieser verpflichtenden Ausgestaltung teilt die Bundesregierung die kritische Haltung des Deutschen Bundestages zu dem Verordnungsentwurf. Das betrift auch die gewählte Rechtsgrundlage. Der Vorschlag der Europäischen Kommission stützt sich ausschließlich auf Artikel 114 AEUV (das heißt des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union, Artikel 114 hat die Errichtung und das Funktionieren des Binnenmarkts zum Gegenstand). Dies sieht die Bundesregierung mit Blick auf die derzeitige Ausgestaltung des Verordnungsentwurfs als nicht gerechtfertigt an. Wegen des überwiegenden Regelungsinhalts des Vorschlages kommt Artikel 168 AEUV als vorrangige Rechtsgrundlage in Betracht, der die Kompetenzen der EU im Gesundheitsbereich festlegt und begrenzt.

Der Verordnungsentwurf wurde bisher in drei Sitzungen der Ratsarbeitsgruppe unter der bulgarischen Präsidentschaft erörtert. Deutschland hat in allen Sitzungen deutliche Kritik an der verpfichtenden Ausgestaltung des Verordnungsentwurfs und an der Rechtsgrundlage vorgetragen. Dabei wurde auch die Subsidiaritätsrüge des Deutschen Bundestages vorgestellt. Auch von anderen Mitgliedstaaten wurden Bedenken wegen zu starker Eingriffe in die nationale Verantwortung für die Gesundheitssysteme geäußert. Im Kern der Kritik stand dabei die vorgesehene verpflichtende Übernahme der gemeinsamen klinischen Bewertungen in den nationalen Gesundheitssystemen. Zwar kann eine EU-weite Zusammenarbeit bei Gesundheitstechnologiebewertungen grundsätzlich hilfreich sein. Es muss aber den Mitgliedstaaten überlassen bleiben, über die Übernahme von gemeinsamen klinischen Bewertungen zu entscheiden. Eine verbindliche Anordnung zur Übernahme übersteigt dagegen den Kompetenzrahmen der EU.