Abstimmung im Bundestag: Persönliche Erklärung zur ,,Sterbehilfe“

Portraitfotografie von Tom Schweers

Persönliche Erklärung der Abgeordneten nach § 31 der Geschäftsordnung des Deutschen Bundesages zum Abstimmungsverhalten zu TOP 5 Suizidhilfe, Entwurf eines Gesetzes zur Strafbarkeit der geschäftsmäßigen Hilfe zur Selbsttötung und zur Sicherstellung der Freiverantwortlichkeit der Entscheidung zur Selbsttötung (Drucksache 20/904)

Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner Entscheidung vom 26.02.2020 ausgeführt, dass es ein Recht auf eine eigenverantwortliche Entscheidung zum assistierten Suizid gibt und auf Grundlage seiner Erwägungen den bisherigen § 217 StGB für nichtig erklärt. Gleichzeitig hat das Bundesverfassungsgericht aber auch betont, dass dies nicht ausschließt, dass der Gesetzgeber die Suizidhilfe unter Achtung der vom Bundesverfassungsgericht aufgestellten Maßstäbe neu regulieren darf. Es hat dabei verdeutlicht, dass aber auch das Leben zu schützen ist und wegen der Unumkehrbarkeit der Entscheidung zu klären ist, ob die persönliche Entscheidung dauerhaft ist und eigenverantwortlich getroffen wurde. Dabei betont das Gericht, dass das Verlangen zu sterben häufig ambivalent und wechselhaft ist. Zudem bergen psychische Erkrankungen ein erhebliches Risiko für eine freie selbstbestimmte Suizidentscheidung. Deshalb ist die Klärung der Frage, ob es sich um einen dauerhaften Wunsch und eine eigenverantwortlich getroffene Entscheidung zum assistierten Suizid handelt, von besonderer Bedeutung.

Aus unserem Verständnis wird der Gesetzesentwurf von Castellucci, Kappert- Gonther u.a. dem Auftrag, eine Möglichkeit zum assistieren Suizid zu schaffen und zugleich dem staatlichen Auftrag zum Schutz des Lebens gerecht zu werden, am besten gerecht. Denn gewerbliche Interessen dürfen im Zusammenhang mit dieser so grundlegenden, existentiellen Frage keine Rolle spielen und müssen auch strafrechtlich geahndet werden können.

Wir sind sehr froh, dass mit dem gemeinsamen Antrag der Abgeordneten klare und konkret benannte Maßnahmen zur Suizidprävention benannt werden. Damit kommen wir der gemeinsamen Verantwortung der Parlamentarier nach, dafür zu sorgen, dass Menschen nicht durch ihre Lebensumstände in den assistierten Suizid gedrängt werden. Wenn Menschen den Wunsch äußern sterben zu wollen, liegt dem häufig das Empfinden zu Grunde, nicht mehr so wie bisher weiterleben zu können, sie sehen keinen Ausweg, fühlen sich als Belastung oder leiden an unerträglichen Schmerzen. Wir müssen sicherstellen, dass Menschen in diesen Situationen die bestmögliche Hilfe und Unterstützung erfahren.

Wir dürfen nicht zulassen, dass es zur gesellschaftlichen Normalität wird, Leben als nicht lebenswert zu bewerten, besonders wenn Hilfe-, Pflege- und Unterstützungsbedarf besteht. Dies ist umso bedeutender in einer Situation, in der die Zahl hochbetagter Menschen weiter deutlich ansteigt. Über 80 Prozent der Pflegebedürftigen wird zu Hause von Partnern, Angehörigen, Freunden gepflegt. Gleichzeitig fehlt aufgrund des Fachkräftemangels in der Pflege und der Unterstützung von Menschen mit chronischen Erkrankungen oder Behinderung professionelle Entlastung. Wir wollen sichergestellt wissen, dass auch in familiären Belastungs- und Notsituationen eine umfassend abgeklärte selbstbestimmte Entscheidung für oder gegen einen assistierten Suizid getroffen werden kann und mögliche Alternativen wie z.B. die Palliativversorgung bekannt und zugänglich sind.

Maria Klein-Schmeink und Kordula Schulz-Asche

Berlin, 06.07.2023

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