Nutzenbewertung aller Arzneimittel notwendig 21. Februar 2015 Seit 2011 werden neu zugelassene Arzneimittel, die neue Wirkstoffe enthalten, auf ihren Nutzen geprüft. Diese Prüfung ist dann die Grundlage, auf der Hersteller und gesetzliche Krankenversicherung verhandeln, wie viel die gesetzliche (und private) Versicherung für ein Arzneimittel bezahlt. Schrittweise sah das Gesetz („AMNOG“) vor, dass auch solche Arzneimittel, die bereits vor 2011 zugelassen wurden, zu dieser sinnvollen Nutzenbewertung aufgerufen werden. Nun wird die schwarz-rote Koalition ausgerechnet diese sinnvolle Regelung ersatzlos streichen. Patienteninteressen werden ignoriert Eine Nutzenbewertung möglichst aller auf dem Markt befindlichen Arzneimittel ist überfällig, um die Spreu vom Weizen zu trennen. Dadurch wird es möglich, Patientinnen und Patienten die beste Therapie zu bieten. Denn weder der Preis noch die Neuheit eines Medikamentes zeigt an, ob ein Arzneimittel das mit dem größten Nutzen ist. Oft gibt es zwar massive Preisunterschiede, aber für die Patientinnen und Patienten (wenn überhaupt) nur minimale Vorteile. Wir fallen hinter europäische Standards zurück Mit dem 2011 beschlossenen AMNOG näherte sich Deutschland endlich einem internationalen Standard bei der Nutzenbewertung und einem daran orientierten Arzneimittelpreis. Nun sorgt die neue Bundesregierung dafür, dass dieser Standard nicht erreicht wird. Trotz einer Reihe von guten Vorschlägen, die während der Anhörung des Gesundheitsausschusses vorgebracht wurden, hat die Regierung keinen einzigen aufgegriffen, sondern ignoriert alle guten Argumente. Wir fordern: Ausgewählte Nutzenbewertung des Bestandsmarktes Wir halten die Nutzenbewertung des Bestandsmarkts weiter für notwendig in den Fällen, in denen Arzneimittel in direkter Konkurrenz zu bereits bewerteten Arzneimitteln stehen. Erst dann ist ein funktionsgerechter und fairer Wettbewerb möglich. Biotechnologisch hergestellte Arzneimittel (Biologicals) sind sehr teuer und auch nach dem Patentablauf dauert es meist sehr lange, bis „Nachbauten“ (Biosimilars) zur Verfügung stehen, da deren Herstellung sehr komplex ist. Daher ist hier nicht nur unter Patientenschutz-, sondern auch unter Finanzierungsaspekten die Bewertung des Bestandsmarktes notwendig. Wir fordern: Nutzenbewertung aller neuen patentgeschützten Arzneimittel Aktuell sieht die Rechtslage vor, dass eine Nutzenbewertung für patentgeschützte Arzneimittel mit neuem Anwendungsbereich bzw. neuer Anwendungsform nur dann durchgeführt wird, wenn der Wirkstoff bereits eine Nutzenbewertung durchlaufen hat. Damit werden ausgerechnet alle die Arzneimittel, deren Wirkstoff vor 2011 zugelassen und damit keiner Nutzenbewertung unterzogen wurde, durch das Raster. Wir fordern, diese nicht nachvollziehbare willkürliche Unterscheidung, die das Patientenwohl ignoriert, abzuschaffen. Wir fordern: mehr Transparenz Das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) übernimmt für den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) den wissenschaftlichen Vergleich der Medikamente. Um dieser Aufgabe gerecht zu werden, muss denn IQWiG einen garantierten Zugang zu den Ergebnissen aller existierenden Studien erhalten. Bisher ist es bei einigen Verfahren auf den Gutwill der Pharmahersteller angewiesen, dass diese Studienberichte zur Verfügung stellen. Damit haben Hersteller die Möglichkeit, die ihnen nicht ins Konzept passende Studien in der Schublade verschwinden zu lassen. Das geht nicht. Deswegen fordern wir eine gesetzliche Verpflichtung der Hersteller zur Herausgabe von Studienberichten an den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) und das IQWiG. Aber nicht nur der G-BA und das IQWiG, sondern auch die Forschung braucht Informationen über die Ergebnisse aller – gerade auch von abgebrochenen – Arzneimittelstudien, etwa um überflüssige Studien zu vermeiden. Das ist nicht nur im Interesse der Pharmaindustrie und einer an Qualität orientierten Ärzteschaft, sondern natürlich auch das ureigene Interesse der Patientinnen und Patienten. Daher fordern wir schon lange eine verpflichtende Registrierung und Veröffentlichung der Ergebnisse aller, auch abgebrochener Arzneimittelstudien.