Ebola-Epidemie


Zum Plenarprotokoll 18/53


Vielen Dank. – Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Seit nunmehr einem halben Jahr wütet das Ebolavirus in Westafrika. Wir kommen gerade von dem gemeinsamen Gespräch mit Dr. Sambo, dem Regionaldirektor für Afrika der Weltgesundheitsorganisation, der uns nicht nur eindringlich geschildert hat, wie in den betroffenen Ländern die Situation ist, sondern auch zum wiederholten Male an Deutschland den Appell gerichtet hat, Hilfe zu leisten.

Bereits am 8. August, also vor sechs Wochen, stufte die Weltgesundheitsorganisation die Ebolaepidemie als internationalen Gesundheitsnotfall ein, und spätestens ab da an war klar: Die betroffenen Länder können den Ausbruch mit ihren vorhandenen Mitteln und den personellen Ressourcen nicht mehr alleine stoppen. Was es braucht, ist eine massive Unterstützung von außen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Doch es vergingen verheerende Wochen, in der die internationale Gemeinschaft weitgehend untätig blieb. Auch Deutschland überhörte diese Hilferufe fahrlässig.

Der Antrag, den uns die Regierungsfraktionen heute vorgelegt haben, zeigt: Sie haben das Problem immer noch nicht verstanden. Sie bleiben vage, Sie prüfen; aber darum geht es nicht.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)

Wenn man sich Ihren Antrag und das, was Sie vorhaben, anschaut, dann stellt sich für mich die Frage: Wo in Ihrem Antrag steht das Personal, das so dringend von diesen Ländern angefordert wird?

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)

Das Einzige, was wir bisher wissen, ist, dass seit Montag Frau von der Leyen sozusagen persönlich Freiwillige anwirbt. Aber wo steht in Ihrem Antrag, wer sich um diese Freiwilligen kümmert, wer sie auswählt, wer schaut, wer geeignet ist, und wie diese Leute betreut werden, von denen Sie andauernd reden.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)

Nichts dazu steht in Ihrem Antrag. Das ist ein Zeichen dafür, dass Sie einfach nicht zusammenarbeiten. Jeder macht seins. Jeder Gesundheitsdezernent in einer deutschen Kommune weiß, was im Falle einer Epidemie notwendig ist: erstens sofortiges Handeln – Sie haben ein halbes Jahr gewartet – und zweitens koordiniertes Handeln. Da sind Sie immer noch nicht angekommen. Ihr Antrag ist dafür der Beweis.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Da muss erst ein alarmierender Brandbrief der liberianischen Präsidentin an Frau Merkel kommen, damit das monatelange Vorsichhinwurtschteln in den Ministerien endlich mit dem Staatssekretärstreffen vom letzten Freitag beendet wird. Wenn man sich dann den Antrag anschaut, stellt man fest, dass das bestenfalls verbal der Fall ist.

(Johannes Selle [CDU/CSU]: Anträge sind immer verbal!)

Schauen wir uns den Antrag an: Ankündigungen, nichts Konkretes, keine Geldsummen, keine konkreten Forderungen oder Beschreibungen, wer konkret was übernimmt. Es ist keine Systematik zu erkennen, es ist kein Konzept zu erkennen, wie die Epidemie gestoppt werden kann. Das können wir nicht länger zulassen. Deswegen möchte ich jetzt sagen, was aus meiner Sicht konkret zu tun ist.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)

Meine Damen und Herren, natürlich muss mit der Weltgesundheitsorganisation, mit der EU und auch mit der von der UN für den Ebolanotfall eingerichteten Mission kooperiert werden. Aber die Frage ist doch: Was können wir in Deutschland tun, um endlich ein gemeinsames, koordiniertes Vorgehen der verschiedenen Ministerien hinzubekommen? Erst am letzten Freitag, am 19. September, hat das erste Treffen auf Ebene der Staatssekretäre stattgefunden, und seitdem warten die Nichtregierungsorganisationen, aber auch die staatlichen und die staatsnahen Organisationen darauf, zu erfahren, was von ihnen jetzt eigentlich erwartet wird. Das geht doch so nicht weiter. Das ist doch ein Zeichen dafür, dass Sie offensichtlich überfordert sind.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)

Sie hätten längst, seit Wochen, eine Liste mit den logistischen und technischen Kapazitäten, die in Deutschland vorhanden sind, zum Beispiel beim Technischen Hilfswerk, fertigstellen können. Sie hätten längst ermitteln können, wo qualifiziertes Personal im Bereich der Seuchenbekämpfung in Deutschland vorhanden ist – in den zehn spezialisierten Zentren, aber natürlich auch in den Gesundheitsämtern – und wer sich für Hilfseinsätze zur Verfügung stellen würde. Wo ist die entsprechende Liste? Längst hätte gefragt werden können, welche in Entwicklungsländern erfahrenen und mit den dortigen Krankheiten vertrauten Ärzte, Krankenpfleger und Laboranten für Einsätze freiwillig zur Verfügung stehen. Viele von ihnen arbeiten in Nichtregierungsorganisationen. Ich denke an die Experten der GIZ, des ehemaligen DED. In diesem Bereich gibt es sehr viele versierte Kräfte. Es gibt natürlich auch versierte Kräfte in der Bundeswehr; das bestreite ich gar nicht. Aber warum haben wir keine Liste, aus der hervorgeht, welche Personen bereit sind, nach Afrika entsandt zu werden?

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)

Seit Wochen weist das DRK darauf hin – und zwar völlig zu Recht –, dass man, wenn man Freiwillige anwirbt, ihnen für den Infektionsfall auch eine Rückholgarantie geben muss. Daran arbeiten wir jetzt. Das Problem, dass die weltweiten Kapazitäten nicht ausreichen, ist seit Monaten bekannt. Nichts haben Sie getan.

Vizepräsidentin Claudia Roth:

Frau Kollegin.

Kordula Schulz-Asche (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Ich komme zum Schluss. Wir brauchen dringend Gesundheitspersonal, nicht nur zur Bekämpfung von Ebola, sondern auch im Kampf gegen Malaria, Durchfall und andere Krankheiten. Ich kenne bisher keine Antwort der Bundesregierung darauf. Wir hören, dass in Liberia bereits eine Hungersnot ausgebrochen ist; darüber wird bereits seit Wochen gesprochen. Ich finde in Ihrem Entschließungsantrag keine Antwort auf die damit verbundenen Fragen.

Wir wissen, dass wir diese Epidemie nur eindämmen können, wenn wir alle gemeinsam daran arbeiten. Ich fordere die Regierung auf: Machen Sie endlich etwas! Versuchen Sie, es auf die Reihe zu bekommen, zu koordinieren! Wir sind dabei; wir helfen Ihnen gerne. Aber bisher fehlen uns alle entscheidenden Antworten, die den Menschen vor Ort wirklich helfen würden.

Danke schön.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)