FAQ Infektionskrankheiten in Gemeinschaftsunterkünften von Asylbewerbern

F: Wer regelt die gesundheitliche Untersuchung und Versorgung von AsylbewerberInnen?
A: Nach §64 Asylverfahrensgesetz liegt die Verantwortung zur gesundheitlichen Untersuchung und Versorgung von AsylbewerberInnen in den Erstaufnahmestellen sowie in den Gemeinschaftsunterkünften bei den zuständigen Gesundheitsbehörden der aufnehmenden Bundesländer. Der Öffentliche Gesundheitsdienst übernimmt über den Amtsärztlichen Dienst die Erstuntersuchung von AsylbewerberInnen und stellt die Durchführung des Infektionsschutzgesetzes sicher. Sollte der/die PatientIn akute Beschwerden haben, die durch Ärzte des Gesundheitsamtes nicht versorgt werden können, werden diese zu einem nieder-gelassenen ArztIn oder Krankenhaus geschickt.

F: Wann findet eine Erstuntersuchung von Asylbewerbern statt?
A: Gemäß §62 Abs. 1 Asylverfahrensgesetzes erhalten Flüchtlinge, die in einer Aufnahmeeinrichtung oder Gemeinschaftsunterkunft wohnen, innerhalb kürzester Zeit eine Erstaufnahmeuntersuchung, wobei der Zeitraum nicht gesetzlich definiert ist. Der Untersuchungs-umfang wird von den Bundesländern festgelegt, variiert jedoch zwischen Ländern. Neben der Überprüfung des Impfstatuts, Durchführung von Impfungen und der körperlichen Inaugenscheinnahme findet aber in Regel auch eine Thorax-Röntgenaufnahme (§36 Abs. 4 Infektionsschutzgesetz) statt, um Tuberkulose auszuschließen. Allerdings kann diese Screening-Untersuchung nur eine Momentaufnahme abbilden. Deshalb ist ein niedrigschwelliger Zugang zur Gesundheitsversorgung für Asylsuchende notwendig, um Infektionen früh zu erkennen, zu behandeln und die Übertragung zu verhindern. In Einzelfällen wie beispielsweise Mitte dieses Jahres in der zentralen Erstaufnahmeeinrichtung in Gießen hatte die Wartezeit auf eine Erstuntersuchung acht Wochen erreicht; in den meisten Fällen findet die Untersuchung jedoch unmittelbar nach der Registrierung statt.

F: Sind AsylbewerberInnen krankenversichert?
A: Nach Asylbewerberleistungsgesetz sind AsylbewerberInnen nicht im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung versichert. Bisher ist der Zugang für Asylsuchende zum Gesundheitssystem durch die Beantragung der medizinischen Leistungen beim Sozialamt erschwert, zum anderen ist der Leistungsumfang erheblich eingeschränkt gewesen. Nach §§ 4 und 6 Asylbewerberleistungsgesetz haben Asylsuchende in den ersten 15 Monaten ihres Aufenthalts in Deutschland nur Anspruch auf Leistungen bei akuten Erkrankungen und Schmerzzuständen oder wenn die Behandlung zur Sicherstellung ihrer Gesundheit unerlässlich ist. Das gerade beschlossene Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz erleichtert den Ländern nun die Einführung der Gesundheitskarte, indem Krankenkassen auf Verlangen eines Landes zur Übernahme der Versorgung von Flüchtlingen verpflichtet werden. Wo Land und Kommunen diese Möglichkeit wahrnehmen, müssen Flüchtlinge künftig nicht mehr zuerst zum Amt gehen, bevor sie einen Arzt aufsuchen können. Das ist ein Schritt in die richtige Richtung, reicht aber bei weitem nicht aus, um flächendeckend eine gute Versorgung sicherzustellen. Eine Leistungserweiterung für Flüchtlinge gibt es hingegen nicht.

F: Woher kommen die meisten AsylbewerberInnen und bringen sie „exotische“ Infektionskrankheiten aus ihren Herkunftsländern mit?
A: Die meisten Asylbewerber kommen derzeit vom Balkan, aus Syrien, Afghanistan, Pakistan, Eritrea, Nigeria und dem Irak. Untersuchungen des Robert Koch-Institutes (RKI) ergaben, dass mindestens 90% der Erkrankungen nicht eingeschleppt werden, sondern dass sich AsylbewerberInnen in Deutschland angesteckt haben. Somit sind Flüchtlinge eher eine gefährdete, als eine gefährdende Gruppe.

F: Besteht ein erhöhtes Risiko für die Allgemeinbevölkerung?
A: Eine erhöhte Infektionsgefährdung ist sehr unwahrscheinlich, denn einerseits ist die Allgemeinbevölkerung durch eine hohe Impfquote entsprechend der Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (STIKO) grundsätzlich gut geschützt, andererseits leiden AsylbewerberInnen bisher überwiegend an in Deutschland gewöhnlichen und nicht „exotischen“ Krankheiten (z.B. Kinderkrankheiten, grippale Infekte). Eine signifikante Steigerung ist laut dem Robert Koch-Institut (RKI) auch in Zukunft nicht zu erwarten.

F: Welche Präventionsmaßnahmen wurden begonnen?
A: Die meisten AsylbewerberInnen haben einen ungeklärten Impfstatus und gelten daher als ungeimpft. Es sollen die Impfempfehlungen der STIKO umgesetzt werden. Je nach Alter fallen darunter die Impfungen gegen Tetanus, Diphtherie, Keuchhusten, Kinderlähmung, HIB, Hepatitis B, Masern, Mumps, Röteln und Windpocken. Falls das nicht möglich ist, wird ebenfalls in Abhängigkeit vom Alter ein Mindest-Impfangebot bereitgestellt. Um eine Vervollständigung der begonnen oder bereits vorhandenen Grundimmunisierung gewährleisten zu können, müssen Impfungen in einem Impfausweis dokumentiert und dem Geimpften ausgehändigt werden. Zudem wird auf eine strenge Hand- und Flächenhygiene geachtet.

F: Wie wird einer drohenden Grippewelle vorgebeugt?
A: Zusätzlich zum Mindest-Impfangebot empfiehlt die STIKO AsylbewerberInnen wie auch der heimischen Bevölkerung eine Impfung gegen die saisonale Influenza für Risikogruppen, das heißt Schwangere, Personen ab 60 Jahren, Kinder, chronisch Kranke, sowie für haupt- und ehrenamtliche Helfer. Je nach regionalen Begebenheiten kann die Influenzaimpfung für alle BewohnerInnen in Betracht gezogen werden.

F: Was geschieht bei einem Krankheitsausbruch in einer Gemeinschaftsunterkunft?
A: Allgemein werden Erkrankte umgehend isoliert und die Hygienemaßnahmen verschärft. Für die spezifischen Krankheiten hat das RKI jeweils einen Leitfaden zum Management des Ausbruchs entwickelt. Die jeweiligen Maßnahmen reichen beispielsweise von einer Trinkwasserkontrolle (bei Legionellose-Ausbruch) bis hin zu vorübergehenden Aufnahme- und Verlegungsstopps.

F: Welche Kosten entstehen bei der Gesundheitsversorgung von Flüchtlingen und wer trägt sie?
A: Für Impfungen sind nach dem Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz ca. 45 Millionen € pro 100.000 Asylbewerber für die Verpflichtung, den standardmäßigen Impfschutz für Asylbewerber gegen hochkontagiöse oder schwer verlaufende Krankheiten veranschlagt, welche von Ländern und Kommunen getragen werden. Der Bund unterstützt die Länder mit einer monatlichen Gesamtpauschale von 670 € pro Flüchtling.

F: Welche Impfungen werden MitarbeiterInnen (einschließlich Ehrenamtliche) in Einrichtungen und Unterkünften für Asylsuchende empfohlen?
A: Grundsätzlich sollte gelten, dass MitarbeiterInnen und ehrenamtliche HelferInnen alle Standartimpfungen (Tetanus, Diphtherie, Polio, Keuchhusten, Masern, Mumps, Röteln) nach den Empfehlungen der STIKO erhalten. Zudem wird empfohlen Hepatitis A und B sowie eine Auffrischung gegen Polio, falls die letzte Impfung vor mehr als zehn Jahren erfolgte sowie eine Grippeschutzimpfung.

F: Welche Probleme bestehen derzeit?
A: Die schwerwiegendsten Probleme sind momentan der Mangel an Platz, der zu teils chaotischen Zuständen in den Einrichtungen führt, und an Personal. Bei den medizinischen Erstuntersuchungen, die nur von Amtsärzten durchgeführt werden dürfen, kommen auf einen Arzt bis zu 100 Patienten pro Tag. Zudem erschweren die Sprachbarrieren die Kommunikation, wobei Anamnesebögen in allen gängigen Sprachen erste Abhilfe schaffen. Momentan auftretende Lieferengpässe bei einzelnen Impfstoffen stellen laut Paul-Ehrlich-Institut entgegen anderslautender Berichterstattung keine Gefahr für den allgemeinen Impfschutz dar, da es für die gängigen Kombinationsimpfstoffe ausreichen