Erlaubnis der Produktion von Generika auf Vorrat vor Ablauf des Patentschutzes in Europa statt in Drittstaaten

Video aus der Fragestunde vom 27. Juni 2018


 

>>> Veröffentlicht auch im Plenarprotokoll 19/41

 

Frage 39 der Abgeordneten Kordula Schulz-Asche von Bündnis 90/Die Grünen:
Ist sich die Bundesregierung der Situation bewusst, dass Lieferungen von generischen Arzneimitteln, meist aus chinesischen oder indischen Produktionsstätten, an der außereuropäischen Grenze zwischengelagert werden, um so direkt nach Ablauf des Patentschutzes innerhalb von Europa lieferfähig zu sein, und wäre es vor dem Hintergrund nicht sinnvoll, die Produktion von Generika auf Vorrat schon vor Ablauf des Patentschutzes in Europa zu erlauben, um so ein zwangsläufges Abwandern der Generikaproduktion in Drittstaaten zu vermeiden (www.apotheke-adhoc.de/nachrichten/detail/markt/ sildenafil-patent-viagra-generika-ab-22-juni/?tx_ttnews- %5BsViewPointer%5D=2&tx_aponews_newsdetail%5B%- 40widget_4%5D%5BcurrentPage%5D=4&tx_aponews_news detail%5B%40widget_4%5D%5BitemsPerPage%5D=1&cHa sh=a1eee6150b509d9457362afd8dd84ba0)?

Christian Lange, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin der Justiz und für Verbraucherschutz:
Vielen Dank, Herr Präsident. – Frau Kollegin, ich beantworte Ihre Frage wie folgt: Die EU-Kommission hat Ende Mai dieses Jahres einen Vorschlag für eine Verordnung zur Änderung der Verordnung Nummer 496 aus dem Jahr 2009 über das ergänzende Schutzzertifikat SPC vorgelegt, mit dem einem von Ihnen angesprochenen Abwandern der Generikaprodukte in Drittstaaten entgegengewirkt werden soll. Anders als bisher sollen künftig Generikahersteller zur Beseitigung von Wettbewerbsnachteilen noch während der Laufzeit des Schutzzertifikats Nachahmerpräparate in der EU für Zwecke des Exports in Drittländer herstellen dürfen. Die EU-Kommission weist darüber hinaus in der Begründung ihres Vorschlags ausdrücklich darauf hin, dass mit dieser Schutzausnahme auch eine wesentliche rechtliche Barriere entfällt, die bislang den Aufbau einer Fertigungslinie für solche Arzneimittel in der EU erschwert habe. In der Sache werde der Aufbau von Produktionskapazitäten in der EU ermöglicht, die nach dem Ablauf der Schutzfrist in dem von Ihnen angesprochenen Sinne unmittelbar auch für die Versorgung des europäischen Marktes genutzt werden können.

Die Bundesregierung prüft diesen Vorschlag zurzeit intensiv. Aus Sicht der Bundesregierung muss der Rechtsrahmen für den Patentschutz für Arzneimittel auf europäischer Ebene ausgewogen gestaltet werden. Es gilt, das Innovationspotenzial im Bereich der pharmazeutischen Industrie in Deutschland und in der EU zu stärken, den heimischen Forschungsstandort zu fördern sowie eine sichere und ökonomische Versorgung mit Arzneimitteln zu gewährleisten.

Vizepräsident Thomas Oppermann:
Möchten Sie eine Zusatzfrage stellen, Frau Kollegin?

Kordula Schulz-Asche (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Ja. – Vielen Dank, Herr Staatssekretär. Sie haben gut referiert, was der aktuelle Sachstand auf europäischer Ebene ist. Vor Ablauf der Patentschutzfrist stehen an europäischen Grenzen Lastwagen mit Generika, die in der Regel in China oder Indien hergestellt werden. Deswegen finde ich es sehr lobenswert, dass nun in der EU Überlegungen angestellt werden, in Europa von europäischen Herstellern auf Vorrat zu produzieren und am Tag nach Ablauf des Patentschutzes Arzneimittel auf den europäischen Markt bringen zu können.

Ich habe bei Ihrer Antwort nicht verstanden, was die Haltung bzw. die abgestimmte Position der Bundesregierung ist. Deswegen frage ich Sie konkret: Was ist die Haltung Ihres sozialdemokratisch geführten Hauses zu den in der SPC-Verordnung vorgesehenen Vorschlägen? Sind Sie dafür? Unterstützen Sie diesen Vorschlag? Und wie ist die Haltung des Bundesministeriums für Gesundheit dazu?

Christian Lange, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin der Justiz und für Verbraucherschutz:
Liebe Frau Kollegin, bitte nehmen Sie zur Kenntnis, dass ich für die Bundesregierung spreche und nicht für das BMJV alleine. Ich verweise auf meine Antwort und sage Ihnen noch einmal, dass die Bundesregierung den derzeitigen Entwurf, auf den Sie abstellen und auch ich abgestellt habe, prüft. Ich will auch dazusagen, dass die Bundesregierung in einen Dialog mit den beteiligten Kreisen zu dem Verordnungsentwurf eingetreten ist. Am Ende ist unser Ziel, ein ausgewogenes Ergebnis zu erreichen.

Vizepräsident Thomas Oppermann:
Weitere Zusatzfrage?

Kordula Schulz-Asche (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Sie kennen die ganze Angelegenheit genauso lange wie ich. Warum dauert es so lange, bis die Bundesregierung hier zu einer einheitlichen Position kommt? Ich frage noch einmal: Liegt das daran, dass es unterschiedliche Auffassungen im Justizministerium und im Gesundheitsministerium gibt, und, wenn ja, welche?

Christian Lange, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin der Justiz und für Verbraucherschutz:
Frau Kollegin, ich kann Ihnen sagen, dass es der Bundesregierung ein wichtiges Anliegen ist, nicht nur im Ressortkreis, sondern insbesondere auch mit den betroffenen Kreisen über den Verordnungsentwurf zu sprechen sowie zu einem Dialog und Konsens zu kommen; das ist unser Ziel. Wir bemühen uns, das Ganze so schnell wie möglich zu einem Ergebnis zu führen.